Das schleichende Gift: Rechtspopulismus
von Bernhard Fedler, Sonja Kies und Gerd-Peter Zielezinski
Seit geraumer Zeit nehmen rassistische und nationalistische Tendenzen zu, auch bei etablierten Politikern, Behörden und mittlerweile bei einem gewichtigen Teil der Bevölkerung. Viele Medien erweisen sich als Sprachrohr dieser Tendenzen.
Wie sehr sich diese Entwicklung in den letzten Monaten in unserem Umfeld widerspiegelt und auch durch Gewaltakte ausdrückt, zeigt ein Überfall auf einen politisch Aktiven in Radevormwald. Er ist Mitglied der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) und Direktkandidat der Partei „Die Partei“. In der Nacht vom 24. auf den 25. Februar 2017 wurde er von zwei Faschisten in den Wupperorten brutal überfallen und musste das Wochenende im Krankenhaus verbringen.
In Remscheid wurden im letzten Jahr Gewaltakte auf Einrichtungen der Caritas und Diakonie, die auch der ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe dienen, verübt. Ein Schaufenster ging zu Bruch, wie auch die Frontscheibe des Fahrzeugs eines Mitglieds von „Remscheid tolerant“.
AfD = keine „normale“ Partei
Ausdruck und Verstärkerin der genannten Rechtsentwicklung ist auch die AfD. Sie ist sexistisch, rassistisch und nationalistisch. Die Flügelkämpfe zwischen „Konservativen“ und „Rechtsextremen“ sind Teil der Strategie, möglichst viele Menschen zu erreichen. Dabei geht, wie der AfD-Parteitag am 22. und 23. April zeigte, der Trend noch weiter nach rechts. Da die Popularisierung rechtsradikaler Positionen diese „salonfähig“ machen, müssen wir etwas dagegen unternehmen. Den Ansichten der Partei darf kein weiterer Raum gegeben werden. Stattdessen gilt es, ihre Strategien offen zu legen.
Die AfD ist sexistisch: Ihr Leitbild ist die traditionelle Familie; sie will Ehescheidungen und Abtreibungen erschweren; sie lehnt Frauenquoten ab. Die AfD will gesellschaftliche Verbesserungen, die von der Frauenbewegung hart erkämpft worden sind, zurücknehmen.
Sie ist rassistisch: Sie warnt vor der „Gefahr eines schleichenden Erlöschens der europäischen Kulturen“; die größte Gefahr sieht sie in den Muslimen, die sie mit vielen Verboten überziehen will. Die AfD schlägt vor, mehr deutsche Kinder in die Welt zu setzen. Sie ist für eine Minus-Einwanderung, d.h. 10 Jahre lang sollen jedes Jahr mehr Migrierte aus- als einwandern. Seit dem 23. April fordert sie sogar eine jährliche Quote mit Zwangsabschiebungen.
Sie ist nationalistisch: Sie will die EU-Einbindung lösen und die Eurozone verlassen – mit einer nationalistischen Perspektive („Deutschland zuerst“). Ihr Leitbild ist die völkische Nation; das Staatsbürgerschaftsrecht soll nach Abstammung gehen. Nichtsdestotrotz ist die AfD international stark mit anderen rechten Parteien vernetzt.
Presbyterium ist konsequent
Ein positives Beispiel einer entschlossenen Haltung gegen die AfD ist der Rücktritt des gesamten Presbyteriums, der Kirchengemeinde-Leitung, der evangelischen Südstadt-Gemeinde in Wuppertal-Elberfeld. Der stellvertretende Vorsitzende des Presbyteriums dieser Gemeinde hatte sich als Wuppertaler AfD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl aufstellen lassen. Mit dem Bekanntwerden seiner Kandidatur wurde im Presbyterium die offene Diskussion mit ihm gesucht. Er lehnte jede Verantwortung für die politischen Inhalte, die in der breiten Öffentlichkeit mit der AfD verbunden werden, ab. In einem bundesweit einzigartigen Schritt ist daraufhin das Presbyterium der Südstadt-Gemeinde geschlossen zurückgetreten. So konnte der Versuch des AfD-Politikers, sein gesellschaftliches Ansehen als Presbyter für den Wahlkampf der AfD zu nutzen, unterbunden werden.
Protest im Café Swane
Dem entgegen entschied sich die Inhaberin des Café Swane dafür, die AfD neben anderen Parteien zu einer politischen Veranstaltung in ihren Räumen einzuladen. Mit dieser Einladung wird das Bemühen der AfD begünstigt, sich trotz ihrer rechtsradikalen Positionen als „ganz normale“ Partei darzustellen. Wir teilen die Meinung von Gastgeberin Selly Wane nicht, dass es für AntifaschistInnen etwas bringt, mit Funktionären der AfD zu diskutieren.
Die AfD fährt eine gefährliche Doppelstrategie. Auf der einen Seite erzielt sie mit ganz bewusst provozierenden, offen rechtsextremen Aussagen von Mitgliedern wie Höcke, Gauland oder von Storch hohe Aufmerksamkeitswerte. Auf der anderen Seite ist die Partei sehr darauf bedacht, als seriös und bürgerlich wahrgenommen zu werden. Eine gemeinsame Veranstaltung mit einer dunkelhäutigen Muslima wie Selly Wane passt da perfekt ins Konzept. Die Botschaft: Wenn wir hier mitdiskutieren, können wir ja wohl kaum rassistisch sein. Sozusagen als Freibrief für offen rassistische Aussagen, die dann an anderer Stelle fallen. Zum Beispiel Gaulands berühmt gewordener Satz, man wolle Boateng nicht als Nachbarn haben. Aus diesen Gründen ist es gut, dass die Veranstaltung im Café Swane wegen der Proteste gegen die AfD nicht stattfinden konnte.
Trotzdem wollen wir nicht ignorieren, dass es an dem Abend im Café Swane auch Gäste gab, die dem antifaschistischen Protest nichts abgewinnen konnten. Sie waren eher enttäuscht bzw. wütend, weil sie sich mit den Kandidaten der Parteien, auch mit denen der AfD, gerne auseinander gesetzt hätten. Allerdings ist der in diesem Zusammenhang geäußerte Vorwurf vollkommen haltlos, dass die Protestierenden gewalttätig gewesen seien. Davon ist noch nicht einmal im Polizeibericht die Rede.
Bernhard Fedler, u.a. aktiv bei kein mensch ist illegal; Sonja Kies und Gerd-Peter Zielezinski sind u.a. aktiv im Wuppertaler Bündnis gegen Nazis
Bild: Im Februar 2016 wurde das Schaufenster des F(l)air-Weltladens in Remscheid-Lüttringhausen durch diesen Stein zerstört. (Quelle: Webseite der Ev. Kirchengemeinde Lüttringhausen)