Der zukünftige französische Staatspräsident Emmanuel Macron wird von fast allen Seiten gelobt. Er selbst behauptet, „jegliches Lagerdenken überwunden“ zu haben. Sein Programm spricht eine andere Sprache (siehe den Beitrag „Der Sieg von Macron und die Krise der EU – Behauptungen und Argumente“, Seite 2). Auch die Vita von Monsieur Macron passt nicht in dieser Bild. Der Mann ist eng mit der neuen internationalen Finanzklasse verbunden. Macron stieg 2008 bei der Bank Rothschild & Cie. ein. Er erlebte bei diesem Institut einen rasanten Aufstieg dank eines Geschäftsabschlusses im Dienste von Nestlé. Parallel stieg Macron bei Rothschild zum associé-gérant, zu einem „Partner“ der Bank, auf.
Auch in staatlichen Ämtern und Würden agierte Macron im Interesse des Finanzsektors. So war er unter Präsident Hollande in seiner Eigenschaft als stellvertretender Generalsekretär des Präsidentenamtes (bis Juni 2014) und dann 2014/15 als Wirtschaftsminister maßgeblich an dem größten Ausverkauf eines französischen Industrievermögens beteiligt: Damals wurde die industrielle Perle Alstom an den US-amerikanischen Konzern GE (ehemals General Electric) verscherbelt. Details über Macrons zentrale Rolle bei diesem Großdeal wurden erst in den letzten Wochen des Wahlkampfs, im Februar 2017, bekannt.
Bei Aussagen, er befinde sich in großer Nähe zur gierigen Finanz- und Heuschrecken-Welt, pflegt Monsieur Macron zu antworten, er habe doch mit seinem Gang in die Politik bewiesen, dass er „verzichten“ könne. Gegenüber Le Monde äußert er: „Ich kannte diese Leichtigkeit des Umgangs mit Geld. Doch ich bin nicht abhängig davon. Ich habe dieses Leben hinter mir gelassen, in dem ich in den öffentlichen Dienst zurückkehrte.“
Doch gerade deshalb ist die Frage berechtigt: Was sind die Motive des Monsieur Macron? Kaum jemand in Frankreich glaubt, dass der Mann von Idealismus oder Vaterlandsliebe getrieben wird. Das Blatt Le Monde Diplomatique (3/2017) schrieb: „Emmanuel Macron, der als der neue Mann ohne Vergangenheit posiert, verkörpert mit seiner Person und Umgebung das kompakte Aufgebot der Staatsaristokratie und der Hochfinanz, kurz: das ´System´ schlechthin.“