Bayer und Monsanto werden eins

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Im September dieses Jahres ist der Bayer-Konzern mit dem Monsanto-Management übereingekommen, dass Monsanto übernommen wird. Der Käufer Bayer wurde 1863 in Barmen gegründet. Heute ist der offizielle Firmensitz Leverkusen. Doch Bayer ist in Wuppertal das größte private Unternehmen mit rund 4000 Beschäftigten (inkl. Fremdmitarbeitern) an der Friedrich-Ebert-Straße und in Aprath.
Bayers Übernahmeangebot von 66 Milliarden US-Dollar (59 Mrd. Euro) wurde im Wesentlichen in Wuppertal erwirtschaftet. Denn Wuppertal beherbergt das Pharma-Forschungszentrum und den Hauptteil der Pharmaproduktion. Und der Pharmabereich hält viele Patente und erzielt exorbitante Gewinne. Mit der Übernahme von Monsanto würde Bayer zum größten Agro-Saatgut-Konzern weltweit (siehe Kasten 1). Die Kombination von (Gen-)Saatgut, Pflanzenschutz, Biologika (eine neue Klasse von Medikamenten, die in das Immunsystem eingreifen) und Digital Farming (IT-Lösungen für den Agrarsektor) würde die Abhängigkeit der Bauern von einem Bayer-Monsanto-Konzern größer denn je werden lassen.

Raubtierkapitalismus: Fressen und gefressen werden

Wer solch raffgierigem Kapitalismus nicht das Wort redet, muss gegen diesen Deal große Bedenken haben. Monopole in Deutschland und in den USA beherrschen fortschreitend den Markt, die Preise und die kleineren Firmen. Die Letzteren werden dann schon mal „gefressen“. Hier und jetzt ist es der Konzern Monsanto, der letztes Jahr noch Syngenta aufkaufen wollte. Bayer hatte zuvor schon viele andere Firmen geschluckt, wie z.B. Schering im Jahr 2006 für fast 17 Milliarden Euro oder Aventis CropScience 2001 für 7,25 Milliarden Euro. Wir leben im „Raubtierkapitalismus“, wie Helmut Schmidt es einst formulierte.

Monsanto macht in Gentechnik. Der Konzern ist in unzählige Prozesse verwickelt und verantwortlich für jede Menge Umweltschäden: Kaum ein Konzern hat weltweit solch einen verheerenden Ruf wie Monsanto. Umfragen zufolge gehört er zu den am meisten gehassten Unternehmen der USA. Es hatte sogar Schweinezucht weltweit zum Patent angemeldet.

Kritische Stimmen

Der NRW-Umweltminister J. Remmel (Grüne) warnte vor der Übernahme. „Man braucht kein Schwarzseher zu sein, um vorauszusagen, dass das Preisniveau steigen und sich der Strukturwandel in der Landwirtschaft weiter verschärfen wird – hin zu immer größeren Betrieben, die nichts mit der bäuerlichen, nachhaltigen und gentechnikfreien Landwirtschaft zu tun haben, die die Gesellschaft etwa in Europa will.“

Robert Habeck, grüner Umweltminister von Schleswig-Holstein, reiht sich ein: „Die Konzentration der Macht über Saatgut und Pflanzenschutzmittel zwingt Landwirte in der EU, aber auch in Entwicklungs- und Schwellenländern, in die totale Abhängigkeit“, erklärte er gegenüber der Rheinischen Post.

Anton Hofreiter (Grünenchef, MdB) stellte zutreffend fest: „Gentechnik und Pestizide sind keine Zukunfts-, sondern Risikotechnologien.“ Monsanto ist besonders wegen seines Umgangs mit den Landwirten in der Kritik. Sie müssen stets neues Saatgut von Monsanto kaufen und sind deshalb hoch verschuldet.

Auch viele Beschäftigte bei Bayer sind skeptisch. Neben ihrer Kritik am Image von Monsanto, an dessen Geschäftsgebaren und den bestehenden Risiken wegen der Prozesslawine, mit denen der Konzern konfrontiert ist, befürchten sie, dass Bayer Geschäftsfelder verkaufen muss. Schließlich sollen durch die Fusion Synergieeffekte in der Höhe von 1,5 Milliarden US-Dollar realisiert werden. In aller Regel bedeutet dies, dass Arbeitsplätze verloren gehen und Standorte geschlossen werden. Die Arbeitnehmer dürften also ein weiteres Mal die Verlierer sein.

Spitzenprodukt“ Glyphosat

Einige Kritiker lehnen den Deal ab, weil Monsanto Glyphosat (Roundup®) produziert. Glyphosat ist zurzeit stark in der Kritik, weil es laut Forschungen der UN-Weltgesundheitsorganisation WHO wahrscheinlich krebserregend ist. Sollte die Zulassung entzogen werden, entfiele ein bedeutender Umsatzbringer. Es ist allerdings anzunehmen, dass Bayer schon im Vorfeld mit den Entscheidern in der EU gesprochen hat, um einen Flopp zu vermeiden. Genau das hatte sich Monsanto sicher erhofft – mit einem starken Partner wie Bayer aus der EU dem Aus für Glyphosat zu entgehen.

Dabei wäre es wichtig, dieses Herbizid vom Markt zu nehmen, denn viele Pflanzen und auch das Saatgut von Monsanto wurden nicht für Bauern oder Verbraucher optimiert. Die Pflanzen wurden gentechnisch so verändert, dass sie Glyphosat vertragen. Die Folge ist ein massenhafter Einsatz des Herbizids auf den Feldern, damit „Unkraut“ abstirbt und die (gentechnisch veränderte) Nutzpflanze unbeschädigt bleibt. Ein Verbot von Glyphosat würde einen großen Teil des Saatguts von Monsanto sinnlos und seinen Einsatz in der EU unmöglich machen.

Mit der Übernahme wird ein Glyphosat-Verbot nicht wahrscheinlicher. Denn mit den Totschlagargumenten „Arbeitsplätze und Gewinne“ ist schon so einiges genehmigt worden, sei in den Bereichen Braunkohle, in der Auto- oder in der Rüstungsindustrie.

Im Fall Bayer-Monsanto sind die Verlierer die Natur, die Bauern und die Verbraucher.

 

Ulrich Franz ist aktiv bei der Basisinitiative Solidarität (www.baso.info)

 

Die Hackordnung der Agro-Konzerne

Die größten Agroprodukte-Hersteller nach Umsatz in US-Dollar („USD“) weltweit 2015; jeweils Vergleich zum Vorjahr

  1. Monsanto (USA): 15 Mrd. USD (-5,5%) (zurzeit in Fusion mit Bayer)
  2. Syngenta (Schweiz): 13 Mrd. CHF (-6,8%) (zurzeit in Fusion mit ChemChina)
  3. Bayer (D): 10 Mrd. EUR (+9,2%) (zurzeit in Fusion mit Monsanto)
  4. DuPont (USA): 10 Mrd. USD (-13%) (zurzeit in Fusion mit Dow Chemical)
  5. Dow Chemical (USA): 6,3 Mrd. USD (-3%) (zurzeit in Fusion mit DuPont)
  6. BASF (D): 5,8 Mrd. EUR (+7%)

 

Unternehmensprofil Monsanto

Monsanto ist ein 1901 gegründeter Konzern mit Sitz in St. Louis im US-Bundesstaat Missouri, der Niederlassungen in 61 Ländern hat. Das Unternehmen produziert Saatgut und Herbizide und setzt seit den 1990er Jahren Biotechnologie zur Erzeugung gentechnisch veränderter Feldfrüchte ein. Kritiker beanstanden, Monsanto betreibe eine offensive Aufkaufpolitik anderer Saatgutunternehmen und halte bereits eine Monopolstellung bei der Produktion von genverändertem Saatgut.